Am Sonntag, dem 7.7.2019 nahm Noortje Kurs von Vegesack nach Bremerhaven, zur "Bootswerft H. Inselmann & Sohn GmbH", auch bekannt als "Winterlager Inselmann".
Dort auf den Arbeitsbeginn zum Wochenanfang wartend, fühlten wir uns gleich wie zuhause:
Lagen wir doch neben einem alten Bekannten, dem "Komoran", der früher auch im Museumshaven Vegesack beheimatet war.
Die zwei Pumpen, die jenes alte Holzboot inzwischen über Wasser hielten, plätscherten uns vertraut in den Schlaf.
Einen entspannten Schlaf, froh über Noortjes trockenen Stahlrumpf. Für den hier nur die Routinewartung anstand.
Begriffsverwirrung, ich stehe gerade etwas auf der Leitung: Slippen nennt man das im Bootskran sicher nicht, denn da rutscht (hoffentlich) nix. Kranen klingt so unschiffig. Das könnte ja auf alles mögliche zutreffen, auch wenn es
vermutlich fachlich korrekt ist: So möchte ich nicht schreiben. Also so:
Eine Bootsliftanlage ist zwar keine Helling, weder quer noch längs, aber wie heißt das Herausheben dann? Sagt man dennoch "hellingen" zum Vorgang? Egal, ich tue es:
Hellingen im großen Bootslift
Vor fünf Jahren hatte sie die Pocken. Mitgebracht aus Emden. Vor dieser schrecklichen Krankheit fühlte ich mich im Süß- / Brackwasser von Vegesack nun sicher. Doch was da nun über Wasser kam, schockte:
Mein Boot war die reinste Muschelbank!
Wären es Austern gewesen, oder wenigstens Miesmuscheln, hätte ich ein Geschäft daraus machen können. Einmal im Jahr auf die Werft, ernten und kassieren. Aber dies?
Think positiv: Immerhin wieder ein Beweis, wie gut sie läuft - wir waren, trotz diesem ungeahnten Wiederstand unter Wasser und plus Stahlnachen für die Freizeit im Schlepp, in Normalzeit nach Bremerhaven gefahren.
Jetzt aber runter mit dem Mist, ab auf den Waschplatz zum Hochdruckreiniger. (Sorry, liebe kleine Süßwassermuscheln, ich respektiere jedes Leben, wenn ich kann. Aber hier im Salzwasser konnte ich nichts mehr für euch tun.)
Auf dem Schiffs-Waschplatz
Der Fischereihafen II. Gut gucken, wo ist Noortje?
Wasser marsch. Weg mit dem Dreck.
Da glänzt sie schon fast wieder, Algen und Muscheln ade. Fehlt nur noch ein wenig Farbe, oder? Na, ganz so schnell geht es leider nicht. Und manchmal muss man umparken.
Aufgebockt an Land
Anfangs standen wir ein Stück weiter vorne. Doch am nächsten Tag musste der "Komoran" vorm Absaufen gerettet werden. (Auch wenn er ansonsten wohl leider nicht mehr zu retten ist.)
Noortje rückte mit dem kleinen Lift ein paar Meter nach hinten, um Platz für das Holzschiff im großen Lift zu machen.
Aber dann standen wir traut vereint, richteten uns im stehenden Schiff häuslich ein und die Arbeit konnte weiter gehen.
So ungewohnt hoch über NN ist die Aussicht über den Fischereihafen II grandios:
Kleine Probleme fressen viel Zeit: Drei Tage kämpften zwei Experten (privat, nicht von der Werft!) mit einem winzigen Leck im Kühlrohr, bis uns wieder
einfiel, wie wir das gleiche Tropfen vor vierzehn Jahren (an der Schweißnaht daneben) gelöst hatten. So, wie ich vieles löse: Gummi mit Schelle.
Das Epoxy nur als Schutz drumrum. Ergo: Alles wieder runter und nochmal von vorne, jetzt auf meine Weise. Endlich dicht.
Freizeit auf der Werft
Arbeit ist nicht alles. Ganz besonders nicht in den Sommerferien. Stahlnachen und Optimist waren im Schlepp mitgekommen, der eine (statt Auto) für Einkäufe und Erledigungen,
der andere zwecks Freizeitgestaltung. Oder wahlweise andersherum.
Einmal mit den Nachen um die Ecke, gab es bei Bedarf frischen Fisch vom Schaufenster Fischereihafen.
Und wer meint, dass man auf Werften nicht gemütlich grillen und chillen kann? Hier ging das super:
Das Kind bemalte die zuvor polierte Schiffsschraube mit Kreide. Da philosophiert man dann beim Lachs vom Grill über ihr Werk: Wahre Vergänglichkeit der Kunst.
Zum Glück ist nicht nur die Kunst, sondern auch die Arbeit vergänglich.
Endlich durfte das Boot zurück ins Wasser. Mit etwas hin, her und Grübelei:
Zu Wasser lassen im kleinen Bootslift
Gut, wenn es zwei Systeme gibt. Weil der "Komoran" im großen Lift den Weg für uns freimachte und darin hängen blieb, um anschließend unseren Platz einzunehmen, ging Noortje in den kleinen Lift. Der kann sie - mit einer Tonne Luft nach oben - noch prima heben. Wäre da
nicht die Sache mit der kleineren Box ...
Ach je, das passt so nicht! Aber vor vierzehn Jahren war sie doch auch im kleinen Lift? Wie ging das noch? Ach ja - rückwärts.
Also wird kurzerhand das Schiff auf die Strasse gestellt und der Bootslift umgedreht.
Na bitte. Passt doch, na gut, knapp: Mit ein wenig drücken, schieben und schützendem Holzbrett zwischen meiner Achter-Reling und dem fiesem Stahlrand. Und mit etwas roten Köpfen sowie leicht
gereizten Nerven in der Hitze. Egal. Wir machen das Unmögliche möglich.
Puh. Alles trocken, Motor startet. Jetzt aber nix wie raus gefahren, aus der viel zu kleinen Box, Wendemanöver und wieder rein, aber daneben in die große Box, anbinden und: Entspannen.
Vor der Heimfahrt in "unserem" Werfthafen
Das genietete Stahlschiff bekam seine mindestens vierundzwanzig Stunden Ruhephase, um in die alte Form zurück zu finden. Die Menschen auch. Dann verpackten wir den Optimisten wieder auf den Stahlnachen, für die Heimreise.
Kleiner Schleppverband von Bremerhaven nach Vegesack
Hot hot hot! Meine heißeste Fahrt ever. Am Donnerstag, dem 24.7., auf dem Höhepunkt der Hitzewelle, grillte ich im Steuerhaus. Unisolierte 80 Grad von unten, fast 40 Grad von oben und Frontscheiben, die nicht zu öffnen sind. (Weil ein Tischler seine Arbeit nie beendete. Wird irgendwann geändert, dachte bisher es sei nicht dringend.)
Aber was solls. Endlich mal mit beiden Türen offen fahren. Eine Weserfahrt ist lustig, falls nicht: Gefälligst doch! Punkt.
Unser kleiner Werft-Arbeits-Freizeit-Schleppverband kommt nach rund vier Stunden safe im Heimathafen an.
Bootswerft Inselmann vierzehn Jahre zuvor:
Mit meinem historischen Boot meide ich Salzwasser nach Möglichkeit.
Zwecks längerem Erhalt, Süßwasser ist einfach sanfter zum Stahl. Das ist aber auch der einzige Haken an Bremerhaven und der Grund, warum ich nicht
alle Werftaufenthalte hier am Tor zur Nordsee machte: Ansonsten kann ich die Bootswerft Inselmann uneingeschränkt empfehlen!
Und ich komme gerne wieder.
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In 2005 bekam Noortje ihren neuen Motor auf dem Gelände von Inselmann:
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